Neuer Balkenmäher für meinen Eicher KöTi II

  • Hallo Leute,

    zuerst ein Kompliment an die Mitglieder des Forums "Traktorhof". Ich bin ja auch schon seit einigen Jahren mit dabei und muss wirklich das Kompliment machen, dass man – wenn man es nicht *zu* schlimmt treibt – hier auch "saublöde" Fragen, zum Teil immer wiederkehrende, stellen kann und man trifft hier auf Leute, die einem geduldig, auch immer wieder, antworten. Selbst unser "Hustinettenbär" und Absolut-Experte ist zwar manchmal hart drauf, aber er versucht zu helfen. Hut ab!
    Ich lebe im Südwesten von Dtl. und mache seit über 20 Jahren Heu für Eigenbedarf und zu Weitergabe an Pferdehöfe und traue mir, obwohl nicht Landwirt, da doch eine gewisse Expertise, was lokale Wiesenbewirtschaftung angeht, zu. Schon lange vor dem Aufreger des Volksbegehrens "pro Biene" hier in BW hat unser Haushalt sich mit insektenschonender Wiesenwirtschaft und Artenvielfalt befasst und mittlerweile wird man schon etwas "herumgereicht", wenn es um dies Thema geht. Dem Volksbegehren habe ich übrigens kritisch gegenüber gestanden, nicht weil eine gute Dosis Glyphosat schon immer geholfen habe, sondern weil es die Dinge zum eigenen Schaden verzerrte, emotionalisierte und den Blick der Laien in eine völlig falsche Richtung lenkte. Der Schuss ging nach hinten los.

    Als ich jedoch zum Thema "Balkenmähen" mich mal in einem großen deutschen Landwirtschaftsforum erkundigen wollte, war die erste Antwort, die kam, dass man früher die Wiese im Frühjahr einfach angezündet hätte, und spätestens der Dritte Landwirt hatte beizutragen, dass meine Frage so blöd sei, dass ich mir besser eine andere Freizeitbeschäftigung suchen solle. Sowas habe ich hier noch nie zu lesen bekommen. Die Volllandwirte sind wohl, und das ist auch meine praktische Erfahrung, mehrheitlich derart "angezündet" von der öffentlichen Diskussion und Naturschutz, dass da sofort Zorn zu spüren ist. Und über meine Blödheit fielen da gleich mehrere hämisch her. Das ist sehr schade, vor allem auch für das Forum und seinen Ruf.

    Wenn es um Artenvielfalt, insektenschonende Mahd, natürlich Mähwiesen und leider noch viel zu wenig um "öffentliches Grün" geht, ist das Mähen mit Balkenmäher schlicht alternativlos. Wir machen unser Heu so auch seit 20 Jahren mit einem handgeführten Balkenmäher, anfangs aus Not mangels weiterer Maschinen, seit vielen Jahren nun aus Überzeugung. Nach langem hin und her habe ich letztes Jahr angefangen, mich nach einem Balkenmähwerk für den Dreipunktanbau umzusehen. (Das Balkenmähwerk wird absolut sicher eine Renaissance erfahren, und bereits heute gibt es riesige, professionelle Portalbalkenmähwerke für die Fronthydraulik.) Für uns war schließlich eine "Kleinscheißer-Version" eines bekannten italienischen Herstellers angesagt. Maßgeblich hierbei war auch, dass wir zum Teil Steuobstwiesen haben, wo ein Balken mit 2,7 Meter Ausladung absolut kontraproduktiv ist. Man muss ja zwischen den Hindernissen noch durchkommen. Man muss sehen, dass sich bei einem Seitenmähwerk, was die Durchfahrtsbreite angeht, ja die Breite des Traktors und die Länge des Balkens addieren, und dann noch mit dem Überrollkäfig an den Baumkronen vorbei ...

    Die Bestellung von dem Teil machte ich im Dezember 2020 bei einem freundlichen deutschen Landmaschinenhändler, wohl wissend, dass keine Saison ist und die Italiener anders arbeiten als wir. Aber auch unser handgeführte Balkenmäher ist von Ferrari ;) (was zu Deutsch eigentlich "Schmied" heisst!) und ich fuhr lange Zeit eine Moto Guzzi. Aber der angesagte Liefertermin Anfang April wurde tatsächlich eingehalten. So stand eines Tages also eine übergroße Palette mit knapp 300 kg Balkenmäher als 2 geteilte Baugruppen und mehrere Tüten Schrauben und Kram auf unserem Hof.

    Wie das dann weiter ging, kommt in einem nächsten post.

    Grüße von Johannes

  • So, wie gesagt, das Teil kam per Spedition bis direkt auf unseren Hof. Das ist alles sehr klein, voll, eng und halt ja nur Freizeitarbeit. Die Spedition hatte die Palette vor der Scheunentür abgestellt, so dass ich erst mal beim Nachbarn einen Hubwagen holen musste, um den Mäher beiseite zu fahren, um erst den Traktor samt Anhänger vorzuholen usw... Wir spielen da immer etwas "Tetris" in der Enge. Schließlich stand der Mäher da, wo er hinsollte. Und alles war sackschwer.
    Da ich leidenschaftlicher Handbuchleser bin, hatte ich mir schon vor der Lieferung die Montageanleitung und Bedienungsanleitung vom Händler besorgt und war dann doch etwas bekümmert, was die Montage angeht: Die war nämlich nur in Italienisch und quasi als Maschinenübersetzung ins Englische und Französische. So gab es doch einige Stellen, wo man sich sagen musste "mal abwarten, bis du die Teile in der Hand hast, dann verstehst du hoffentlich, was gemeint ist..." :/. Die umfangreiche Bedienungsanleitung gibts aber 3sprachig mit Deutsch. Mein Schwiegersohn, der KFZ Mechantroniker ist und schon lange in der Landwirtschaft als Lohnfahrer mit macht, meinte anfangs, es ginge auch ohne Lesen, blätterte aber zum Schluss dann doch auch ratsuchend in den Unterlagen.

    Die Handbücher zeigen einem, was für ein doch recht kompliziertes Teil ein nachgerüsteter Balkenmäher ist. Die Bedienung ist gut beschrieben, aber nichts mit einfach "anschließen, ausklappen, mähen ...!"


    Als erstes muss der separat gelieferte Mähbalken in seine Schwenk-Hülse eingebaut, mit einer Distanzscheibe und Seegerring gesichert werden, dann kommt die kleine Riemenscheibe drauf. Der allein ist so schwer, dass man das nur zu Zweit hinbekommt. Nach Montage der 3 Keilriemen (nicht unbedingt mit Blutblase am Finger wie bei mir) ist bezüglich des Antriebs schon das meiste geschafft. Schutzhaube drauf. Die Hydraulische Klappung ist einfachwirkend, bewirkt aber Bewegung an 2 Komponenten: Zuerst wird das Grundgestell des Ganzen auf der Seite des Mähbalkens noch etwas weiter runtergelassen, dann klappt der Mähbalken runter. Man kann übrigens auch 90° "senkrecht hoch" Hecken schneiden oder 45° runter einen Hang. Die silberne Diagonalstange ist die Transportsicherung für den Balken. Der selber ist neu natürlich Haifisch-scharf und -spitz. Da waren Lederhandschuhe angesagt. Der schwarze Zylinder links ist EU-vorschriftsmäßig für die Handbücher.


    Das ist schon ein ziemliches Gespengel. Unten links der Antrieb über kugelgelagerte Exzenter für das Messer (welches abwechselnd "nach oben" und "nach unten" einen Zackenschliff hat) und die geschlitzten Finger, in denen das Messer läuft, und die sich auch hin und her bewegen. Dazu noch ein paar Schutzbügel. In der Mitte sieht man diagonal den Zylinder der hydraul. Klappung und die Ausgleichsfeder zum Mähbalken, der man soviel Vorspannung geben muss, dass der nicht stumpf runter fällt. Die Kette, die man sieht, dient zur Absenk-Tiefenbegrenzung des Ganzen. Die muss man massiv irgendwo neben dem Oberlenker am Traktor so einhängen (und sich das entsprechende Kettenglied merken!), dass der ganze Karren nur bis auf 20 cm über den Boden runtergelassen werden kann.

    Wie man sieht, ist der Träger-Bügel für den Dreipunkt nicht einfach am Mäher fest geschweißt: In Fahrtrichtung unten rechts sieht man da "kompliziertes Geklapper", welches ein Anfahr-Schutz ist: Fahre ich mit dem Teil gegen ein Hindernis (Baum), so reißt die Konstruktion an dieser Stelle eine federbelastete Schiene heraus und der Mäher schwenkt nach hinten links weg. Dies Sicherheitsteil bringt aber zugleich sehr viel Kompliziertheit in das Anhängen und Abhängen des Mähers. Der Mäher "sinkt" beim Ablassen vor dem Abhängen an dieser Stelle "in sich zusammen" und es ist fast unmöglich, ihn beim nächsten Anhängen alleine einseitig wieder so anzuheben, dass man das Auge des Unterlenkers trifft. Ziemlich genau in der Bildmitte sieht man so ein kleines Klapp-Teil mit silbernem Dreieck: Vergisst man, dieses *vor* dem Ablassen des Dreipunkts zur Demontage des Mähers als Blockier-Anschlag hochzuklappen, hat man beim Versuch, den Mäher wieder anzuschließen, ein echtes Problem, weil die linke Seite des Dreipunkt-Bocks ca. 15 cm tiefer hängt als die rechte.


    Sehr wichtig wie oft: Die anzuschließenden Maschinen so hoch vom Erdboden lagern, dass man sie mit abgelassenem Dreipunkt auch wieder "holen" kann. Wegen der Enge lagere ich die Maschinen auf selbst gebauten Schwerlast-"Surfbrettern" und kann sie so auch alleine in der Scheune rangieren, wie man es braucht. Der Mäher hat links so einen Fuß, den man nach Aufnahme der Maschine nach unten raus zieht und von oben wieder einsteckt.


    Zwei 18er Siebdruckplatten und Schwerlastrollen mit Feststellbremse (unser Hof ist abschüssig! und egal was, es würde erst auf der anderen Seite der Dorfstraße wieder zum Halten kommen ;) ) Die Schrauben wurden noch bündig gekürzt. Super Teile, wenn auch nicht billig.


    Weiter geht's.

    Ich will nicht sagen, über welche Industrieländer es den Witz gibt, dass an Neugeräten von 5 vorgesehenen Gehäuseschrauben man maximal 3 davon vorfinden würde. Aber in diesem Fall hat – entgegen eigenen Befürchtungen – absolut nichts gefehlt, auch nicht bei den Montagematerialien. Einzig hier, am zu montierenden massiven Arm als Lager für die hydraulische Klappung und Gegenfeder war die Mutter 5 mm zu lang und stieß am Träger an, bevor sie spannte. Wir haben uns mit einer fetten Distanzscheibe geholfen. Den Hydraulikschlauch habe ich zum Schutz gleich mit einer Spiralhülse umwickelt.


    Hier der hydraulische Anschluss selbst. Kannte ich so noch nicht: Er besteht aus einer Kombi aus zwei in Gegenrichtung montierten, nur in 1 Richtung wirkende, regulierbare Durchflussbegrenzer (= Heben/Senken) und einem Absperrhahn. Der Auslieferungszustand löste bei uns ein Debakel mit eineinhalb Stunden Zeitverlust aus: Wir hatten die überaus undurchsichtig funktionierende "doppelwirkende" Hydraulik meines Eicher in Verdacht, als sich bei feierlicher Inbetriebnahme des Mähers nichts tat: Der Balken blieb da wo er war. Kein Rumprobieren an den insgesamt 4 Hebeln und 2 Hydro-Anschlüssen am Eicher brachte irgend eine Regung. Nach ewiger Probiererei hängten wir das Geschoss schließlich wieder ab und hängten unseren Kipper an: auf Anhieb hob und senkte sich da die Brücke. Die Einstell-Ventile waren einfach ab Werk zu. Den Absperrhahn muss man auch ernst nehmen, denn er ist Teil der Konstruktion, dass der Mäher beim Abhängen nicht "in sich zusammen sinkt" und man dann Schwierigkeiten beim Wiederanhängen hat.


    Tadah... Ich bin schließlich auf die Wiese gefahren, um nicht den Nachbarn durch den ständig laufenden Traktormotor beim Studieren der diversen Heben-/Senken Versuche auf den Nerv zu fallen. Da fehlt noch schwer Routine. Im Handbuch steht wegen der Lärmemissionen des Mähwerks, dass man sich eher um seinen Traktor kümmern solle. Und in der Tat: Man hört – wenn überhaupt – nur ein "Jaulen" des Riemenantriebs und ein Zischeln der oszillierenden Messer und Finger.



    Das Mähwerk muss man so an den Unterlenkeraugen und -Ketten aufnehmen (beide jeweils rechts auf dem Bolzen, normal innen/außen, beide links) , dass der Antrieb des Messerbalkens genau mit dem rechten Hinterrad des Traktors fluchtet. Die Transportsicherung hat ein eigene Halterung für die Arbeits-Stellung.
    Ach übrigens: Man kann zum Mäher noch ein Set Distanzkufen (gestuft 3 - 5 - 7 cm, zuzügl. die 3 cm die der Balken selbst vom Boden entfernt schneidet) ordern. Je höher man schneidet, um so weniger bodenlebende Tiere bzw. sich fallen lassende Tiere schneidet man kaputt. Man muss aber sehen, dass je höher man das Material schneidet, um so schärfer der Balken und um so geringer der "Vorschub" sein sollte.


    Gelenkwelle dran, Mäher runter gelassen, Transportsicherung versorgt, Balken ausgeschwenkt. Jetzt kann die Praxiserfahrung beginnen ...


    Es ist schon einsichtig, dass man mit einem Trommel- oder Scheibenmähwerk schneller am Start ist und diese wohl ungleich weniger Mechanik enthalten. Wenn man sich aber auch der Zukunft unserer Natur verschrieben hat, ist ein Balkenmäher alternativlos.


    Grüße von Johannes

    Einmal editiert, zuletzt von jweitzel (24. Mai 2021 um 17:57) aus folgendem Grund: Ein Beitrag von jweitzel mit diesem Beitrag zusammengefügt.

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