Großdreschmaschine Stahl-Lanz DA30 mit Presse

  • Hallo zusammen,

    ich möchte euch heute eine "kleine" Dreschmaschine vorstellen, die wir innerhalb des letzten Jahres in gut 300 - 350 Arbeitsstunden wieder einsatzbereit gemacht haben: unsere Stahl-Lanz DA30 mit der dazugehörigen Ballenpresse "SKBS600"! Die Maschine ist mit der Drescher-Nr. 46414 Anfang der 50er Jahre (vermutlich 1951/1952) gebaut worden und hat eine Druschleistung von bis zu 30 dz Weizen pro Stunde! Damit ist sie die größte von Lanz gebaute Stahl-Dreschmaschine.

    Neben der DA30 des LBCH, die jedes Jahr in Brockstedt im Einsatz ist, einer Maschine in Frankreich, sowie einer im Berliner Umland ist die hier dargestellte die 4. uns bekannte Maschine dieses Typs und gleichzeitig die einzige, die auch eine passende Strohpresse dabei hat...


    Nachdem ein Sturm das Dach der Feldscheune , in der die Stahl-Lanz lange Jahre stand, beschädigt hatte, wurde sie vorläufig ins Freie gestellt. Geplant war vom Vorbesitzer, sie nach einem Hallenneubau an Stelle der Feldscheune wieder unterzustellen.

    Im Mai letzten Jahres traten wir, das Landtechnik-Museum Braunschweig - Gut Steinhof, mit dem Vorbesitzer in Kontakt, mit der Idee das Gespann in die Museumssammlung aufzunehmen und, sofern möglich, wieder einsatzbereit zu machen. Maßgebliche Bedingung für die Maschinenübergabe war folglich, dass die Maschine einen überdachten Stellplatz erhält. Somit wurde uns die Dreschmaschine Ende Juni 2022 geliefert:

    Von einer Überführung auf eigener Achse haben wir trotz der nur 40 km Entfernung abgesehen...

    Es folgte (selbstverständlich) eine Grundreinigung über mehrere Tage mit gleichzeitiger Begutachtung der Technik. Seit Dezember steht die Stahl-Lanz endlich in unserer Scheune und die Arbeiten konnten richtig starten.

    Mit zwei Spoiler-Fotos möchte ich diesen ersten Beitrag zur DA30 auch schon wieder schließen:

    Übrigens: am 1. Oktober zum Erntedankfest wird die Stahl-Lanz zum ersten Mal nach vermutlich über 60 Jahren wieder in Betrieb genommen!

    Bei Interesse lasse ich euch gerne an der Aufarbeitung der Maschine teilhaben :wink:

    Viele Grüße

    Magnus

  • Moin zusammen,

    heute möchte ich die festgestellten Defekte und Fehlteile an der Stahl-Lanz auflisten, die im Laufe der Durchsicht festgestellt wurden:

    1. + 2.: Wie bereits auf dem ersten Bild zu erahnen, war der Einzug/ Selbsteinleger verzogen sowie ein Kettenglied, welches eine Förderleiste trägt, gebrochen.

    3.: Antriebskette für den Selbsteinleger fehlt

    4.: Sämtliche Flachriemen wurden nach dem letzten Einsatz vorschriftsgemäß abgenommen und dunkel eingelagert -> nach 60 Jahren nicht mehr auffindbar...

    5.: die verbauten Siebe sind natürlich durchgegammelt, schließlich lagen gut 5 cm Staub und Dreck darauf; zusätzlich sind die Siebrahmen aus Holz teilweise gebrochen

    6.: die Sackhalter am Absackstand haben irgendwann einen Einparkschaden erlitten: bei 3 von 5 Stück sind die Griffe zum Festklemmen der Säcke abgebrochen (Gussteile)

    7.: am Sackheber sind Gussteile gebrochen

    8.: bis auf den Bogen fehlen die Rohre vom Spreugebläse, inklusive Zyklon und Stützen

    9.: Stroheinlaufgitter an der Presse ist vollkommen zerbröselt

    10.: Schutzgitter an der Presse haben sich um die Presswelle gewickelt

    11.: Ballenschurre fehlt

    12.: vom Körnerelevator ist der Riemen hlab durchgefressen und durch Dreck sind 5 von 29 Bechern durchgegammelt.

    Zusätzlich kommen noch weitere Kleinigkeiten wie defekte Wasserwaagenlibellen und diverse verbogene Bleche und Schutzeinrichtungen hinzu.

    Von anfänglich schwergängigen Einstelleinrichtungen und Schmiernippeln muss ich gar nicht erst reden...

    Alles in Allem nur zeitfressende Sachen, wodurch recht schnell mit der Arbeit begonnen wurde.

    Auf der Habenseite steht hingegen:

    1.: guter allgemeiner Zustand von Blech und Holz

    2.: Leichtgängige und spielfreie Lagerung sämtlicher Wellen

    3.: sämtliche Fehlteile sind in irgendeiner Art Beschaffbar.

    4.: sehr guter Zustand von Stiftendreschtrommel und Schüttler

    Zwischenzeitlich konnten wir auch die Eckensberger-Stiftung aus Braunschweig für dieses Projekt gewinnen, die dankenswerter Weise die Kosten für Riemen, Sackhalter, Gebläserohre und Siebe übernommen haben!

    In den nächsten Posts zeige ich dann einige Instandsetzungen etwas genauer. Gerade möchte mein Rechner keine Fotos hochladen...

    Viele Grüße

    Magnus

    Moin Ralf,

    das freut mich zu hören! Ich werde die meiste Zeit an der Dreschaschine sein...

    VG

    Magnus

  • Hallo zusammen,

    fangen wir mit der ersten Nachfertigung an: die oben unter Nr. 10 genannten Schutzgitter der Presse:

    Auf einer Seite noch halbwegs intakt aber sehr dünn gerostet, auf der anderen Seite bereits bei einem der letzten Einsätze aufgewickelt worden:

    Da die Maschenweite sowohl hier als auch bei einer anderen Lanz-Dreschmaschinenpresse 30 mm beträgt und Drahtstärken von 1,8 - 2 mm verwendet wurden, entschied ich mich dafür, den Maschendraht selber zu biegen... Bei rund 4 m benötigter Länge wollte ich mir nicht für 200€ 12,5 m Zaum hinlegen. Lieber hab ich für 45€ 300m verzinkten Draht gekauft, eine passende Schablone gebaut und 4 Stunden Draht gebogen :hammer:

    Den Draht dann auch gleich auf die jeweils benötigte Länge abgeschnitten und mit Bindedraht in den Rahmen befestigt. Später den Bindedraht noch durch den stärkeren Draht ersetzt


    Fällt zwar im Betrieb keinem auf, ist aber dennoch hilfreich: am Rahmen der Dreschmaschine und der Presse sind kleine Wasserwaagenlibellen verbaut, damit alles genau waagerecht ausgerichtet werden kann. Drei von vier Libellen waren kaputt. Somit kurzerhand neue runde Libellen aus der Bucht bestellt, alten Kitt aus den Haltern gekratzt und mit neuem Fensterkitt alles wieder zusammengebaut.

    Und zwischendurch immer schön die Finger schwarz machen:

    Und damit bis zum nächsten Mal.

    VG

    Magnus

  • Moin zusammen,

    heute gucken wir uns das Stroh-Einlaufgitter der Presse an:

    diese wild durcheinander liegenden Hölzer im unteren Teil des Bildes sollen eigentlich verhindern, dass Stroh aus der Maschine über die Stohpresse hinweg gelangt. Zum Fahren muss dieses Gitter zwingend nach hinten geklappt werden, ansonsten gibt´s wie hier Kleinholz...

    Zum Schneiden der Latten haben wir mal eben als kleine Nebenbaustelle die selbstfahrende Bandsäge (Hersteller: Wattrodt, Motor ist ein Deutz MAH) nach 15 Jahren Standzeit wieder fit gemacht:

    Fix neue Latten gesägt und nach der alten Vorlage zusammen gesetzt:

    Und Montiert (in Transportposition):

    Und wenn wir schon bei neuem Holz sind... Die Hölzer für Rahmen der Siebe haben wir auch gleich gesägt

    Die alten Siebe haben die Zeit nicht so gut überstanden:

    Auch hier gab es Ersatz, geich ein ganzer Satz neuer Siebe hat den Weg zu uns gefunden...

    Mit einem neuen Rahmen versehen (natürlich genagelt;))

    Und die für Roggen und Weizen benötigten Siebe eingebaut:


    Ganz aktuell bin ich dabei die Maschine zum zweiten Mal komplett abzuschmieren, sodass sie für nächste Woche fit ist.

    VG

    Magnus

  • Moin zusammen,

    weiter geht´s mit dem Körnerelevator. Ein Blick von oben zeigt schon einen sehr schlechten Zustand des Riemens, die Mäuse haben sich Platz verschafft:

    Die Demontage geschah recht einfach mit dem Taschenmesser... Draußen zeigte sich dann, dass auch einige Becher die Zeit nicht überstanden haben:

    Drum mal fix ein paar Becher nachgefertigt. Auch hier haben wir keine passenden Ersatzteile gefunden...

    Und mit neuem Riemen fertig zum Einbau


    Zwischendurch kamen auch die neuen, nachgegossenen Sackhalter an. Bei drei alten waren die hebel zum Festspannen der Säcke abgebrochen.

    Ebenso neue Gebläserohre mit einem Durchmesser von 230 mm für das Spreugebläse. Der 90° Bogen verblieb immer auf der Maschine, die restlichen Rohre müssen zum Transport hingegen abgenommen werden und fehlten somit.


    Bei einem Klappöler bzw. Dochtöler fehlte der Deckel, stattdessen wurde dort die Hülle eine Garnrolle drüber gezogen. Neue Klappöler über Ali aus China bestellt, Deckel dort abmontiert und auf den alten Dochtöler aufgesetzt und mit einer Schraube gesichert. Der Deckel passt vom Durchmesser besser auf den alten Dochtöler als auf denneuen Klappöler, auf dem er drauf war :-o Selbst die Schlitze im Becher passten perfekt überein, so als wenn sich in den letzten 70 Jahren nichts verändert hätte...

    Moin Staphan & Timo,

    vielen Dank, wir bemühen uns;)

    VG

    Magnus

  • Ein weiterer Punkt ist der Spreuzyklon. Dieser ist wie die Rohre abhanden gekommen.

    Hier habe ich mir im Landwirtschaftsmuseum SH in Meldorf an der dortigen Stahl-Lanz DA18 Maße genommen und ihn dann von 180mm Rohrdurchmesser auf unsere 230mm hochskaliert.

    Schritt 1 : Durchmesser berechnen und Abwicklung im 1:10-Modell zeichnen:

    Schritt 2: Übertragen auf Lochblech und ausschneiden:

    Schritt 3: Biegen des unteren Trichters und verbördeln der Naht:

    Schritt 4: Obere Hälfte aufsetzen und verbördeln

    Schritt 5: Einlaufbereich mit einem Blech ausstatten & Rohrdurchlass aufzeichnen (tangentialer Einlauf eines runden Rohres in einen Kegelstumpf... )

    Schritt 6:

    Rohr einbördeln:


    und er tut, was er machen soll...

    VG

    Magnus

  • Moin zusammen,

    es folgt ein vorerst letzter Teil zur Aufarbeitung der Stahl-Lanz da sie ja auch am kommenden Sonntag im Einsatz sein wird.

    Die Knoter der Presse wurden nach dem letzten Einsatz sehr gut mit Fett konserviert, sodass wir sie zwar einmal ausbauen und reinigen mussten, die Finger aber schön blank geblieben sind

    Ob die Knoter nun das tuen, was sie sollen, wird sich am Sonntag zeigen. Beim Testlauf vor einigen Wochen ist der Knoten nicht vom Knoter gerutscht, da es sich an einem anderen Blech etwas verfangen hatte (Einlaufspuren vom intensiven Betrieb). Dies ist natürlich mittlerweile abgeändert worden.

    Weiteres Problem an der Presse war die verbogene Zugöse, wodurch die Presse nicht in einer Flucht mit der Dreschmaschine stand.:

    Ausgebaut und erst versucht mit der Gasflamme zu erwärmen, dann die Lötlampe vom Bulldog genommen die etwas mehr wärme bringt:

    und letztendlich doch die Schmiedeesse angeheitzt:

    Und mit diesem Foto vom Dreschgespann in Transportstellung möchte ich diesen kurzen Bericht auch schon wieder abschließen... Bilder vom Wochenende wirds natürlich geben, ebenso von weiteren Reparaturen, wenn diese anstehen.

    Viele Grüße

    Magnus

  • Moin zusammen,

    die Stahl-Lanz hat letzten Sonntag ganz gut überstanden, zum Ende hin haben dann auch beide Knoter der Presse zuverlässig gebunden. Zwei kurze Unterbrechungen der Vorführungen muss ich mir leider selbst auf die Fahne schreiben, aber gegen falsche Einstellungen kann so eine Maschine nicht ankommen :mauer:

    Mittlerweile ist die Maschine schon wieder grundgereinigt und wartet auf ihren nächsten Einsatz. Dieser wird nächstes Jahr zum Erntedankfest am 6.10. stattfinden...

    Stephan: für dich gibt's das Bild natürlich auch in S/W...

    Noch ein Foto vom Probeeinsatz aus der Vogelperspektive:

    Und zwei Bilder vom vergangenen Wochenende:

    Ralf: vielen Dank für's vorbei schauen, ich hoffe es hat sich gelohnt!

    Julian: Die Stahl-Lanz wird nun (sofern nichts größeres dazwischen kommt) jedes Jahr zum Erntedankfest bei uns laufen. Den Rest des Jahres steht sie natürlich in unserer Ausstellung. Komm einfach mal wieder bei uns vorbei.

    Viele Grüße

    Magnus

  • Moin Magnus,

    die Anreise zu eurem Fest hat sich absolut gelohnt. So eine Dreschmaschine sieht man nicht alle Tage, vor allem nicht in Betrieb. Nebenbei konnten wir uns die Inbetriebnahme des Miag Holzgasers auch noch live ansehen. Das ganze Museum war sehenswert.

    Gruss Ralf

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