Restaurierung Eicher ED 16/2

  • [Hallo Traktorfreunde,
    hier schreibe ich ein paar Zeilen zur Restauration meines Neuerwerbs. Ich lese gerne solche Berichte und denke wenn man welche lesen will muß man auch mal welche schreiben.
    Ich war schon länger auf der Suche nach einem Eicher Traktor. In der Regel werden diese allerdings nicht in unserer Region angeboten. Ich wollte gerne einen Eicher mit Einzylinder-Eicher-Motor. Wenn einmal ein passender Schlepper angeboten wurde dann war er weg bis ich ihn beischtigen konnte. Schließlich fand ich in E-Bay einen ED16 der nach Beschreibung und Fotos einen passenden Eindruck machte. Ich nahm mit dem Vorbesitzer Kontakt auf. Der Gesamteindruck hat mich überzeugt. Des Restrisikos war ich mir bewußt. Es wurde mir schon viel Schrott angeboten. Zudem sind die Meinungen zum Zustand eines Traktors sehr unterschiedlich. Ich setzte mir ein preisliches Limit und gab mein Maximalgebot ab. Dann war ich überrascht das ich den Zuschlag erhielt. Den Preis fand ich o.k.. Wert ist etwas, eben das was es einem Wert ist. Zudem konnte ich mir durch längere Marktbeobachtung einen Eindruck davon verschaffen wie dieser Typ gehandelt wird. Der Vorbesitzer bot mir an den Eicher zu liefern. Da der Transportpreis akzeptabel war schlug ich ein. Dann Ende November kam der Schlepper. Ich freute mich sehr und war zufrieden mit dem Zustand. Sogleich wurde mit meinem Kumpel ein bayrisches Bier auf den ED16 getrunken. Es ist ein ED16/2 von Baujahr 1955 in alpenblau. Alles funktionierte und er lief toll. Am nächsten Morgen ( der Schlepper wurde im dunkeln geliefert ) schaute ich mir den Eicher genau an. Ich stellte fest das der Vorbesitzer den Schlepper stellenweise mit der Sprühdose nachlackiert hatte und dabei z.B. die Keilriemen mitlackiert hatte. Für viele war die Optik akzeptabel, ich aber entschied mich spontan daran was zu ändern. Ich bestellte in Ganacker Farbe. Dann baute ich die Blechteile ab. Beim ersten vorsichtigen an/abschleifen des alten Lacks stieß ich auf noch ältere Lackschichten. Die Überraschung war: Es kam grau zum Vorschein. Jetzt fühlte ich mich für meine Entscheidung bestätigt und entschloß mich den ED wieder mit der Originalfarbe zu versehen. Die inzwischen gelieferte blaue Farbe sendete ich zurück und ließ mir Original-Eicher-Mausgrau liefern. Die demontierten Blechteile wurden wie folgt bearbeitet: Die Kühlerattrappe hatte oberhalb der Kurbelaussparung einen ca. 12 cm langen senkrechten Riß. Diesen schweißte ich vorsichtig Stück für Stück ganz zu. Einige zuviel gebohrte Löcher wurden ebenfalls zugeschweißt. Die Haube richtete ich bestmöglichst und drückte einige Beulen raus. An den hinteren Kotflügeln habe ich auch einige Bohrlöcher zugeschweißt. Hinter die unten original nur ein paarmal angepunkteten Verstärkungsbleche war über die Jahre immer wieder Wasser gelaufen und nun hatte der Rost die Bleche stark deformiert ( Rost hat verdammt viel Kraft ). Ich löste die Verstärkungsbleche von den Kotflügeln, entfernte den Rost und behandelte die Flächen mit Fertan ( Rostumwandler ). Anschließend verschweißte ich die Bleche sorgfältig rundherum an den Kotflügeln sodaß dort in Zukunft kein Wasser mehr hinter laufen kann. Das war schon alles. Tank und Tankhalter waren top. Eicher hat zum Glück die tolle Idee gehabt die Kotflügelverstärkungen von außen an zu bringen. Das erspart viel Rost. Deutz und Co gammeln genau hier durch. Abschließend trennte ich aus der Sitzschale das stark verrostete Mittelstück heraus und paßte ein doppelt so dickes Eisen genau ein. Das wars mit dem Blech. Die Teile brachte ich nach dem strahlen ( bis aufs blanke Blech ) zu einem Lackierer. Der Fachmann lackierte mir die Teile mit dem aus Ganacker gelieferten Kunstharz Lack in mausgrau. Ich entschied mich bewußt zum Kunstkarzlack. Ein Grund war das ich den Schlepperrumpf selber lackieren wollte. Ich entschied mich den Rumpf ( und einige Kleinteile ) nicht mit der Sprühpistole zu lackieren. Zum einen habe ich es noch nie gemacht, zudem möchte ich meine Werkstatt nicht mit Sprühnebel versauen und der wichtigste Grund war für mich das man später bei Beschädigungen den Kunstharzlack einfach ausbessern kann ohne das es groß auffällt. Jetzt wurden lose Lackteile entfernt ( mechanisch von Hand ) und der ganze Traktor mehrmals entfettet. Nach Trocknung habe ich alle Metallteile die keinen Lack hatten mit Fertan behandelt. Nach ausreichender Einwirkzeit wurde die Fertanschicht ab gewaschen. Nach Trocknung des Eichers ( in beheizter Werkstatt ) habe ich mit dem Pinsel eine gute rostpassivierende Grundierung von Brillux aufgebracht. Die Verwendung einer hochwertigen Grundierung lohnt sich wirklich. Auch am Pinsel sollte man nicht sparen. Dank tatkräftiger Hilfe meiner Frau schafften wir die Grundierungsarbeiten in kurzer Zeit. Nach Trocknung ( bei guter Grundierung reichen 4-5 Std. ) der Grundierung brachte ich,wieder mit Hilfe meiner Frau, den Endlack auf. Auch der Lack aus Ganacker läßt sich hervorragend verarbeiten. Kleinteile bis zu 70 cm strahlte ich in meiner kleinen Strahlkabine. Auch das Original Eicher Schild habe ich gestrahlt. Meine Frau hat dann in Feinarbeit den Schriftzug auf dem Schild, den Motorschriftzug und den Hurth-Schriftzug mit roter Farbe versehen. Dann ging es an die Elektrik. Ich habe die ganze Elektrik entfernt und den Kabelbaum entsorgt. Den Kabelbaum fertigte ich komplett von Hand an. Alle Klemmböcke, Sicherungsdosen und Kabelhalter wurden erneuert. Die Scheinwerfer wurden überholt, die Rücklichter und die Anhängersteckdose erneuert. Das defekte Fernthermometer wurde erneuert. Alle Schalter wurden gereinigt und überarbeitet. Im Netz erstand ich einen alten Blinkerschalter aus Metall. Die mit dem langen runden Zylinder in dem ein motorgesteuertes Relais läuft. Ich entfernte den defekten Motor und verkabelte den alten Schalter mit einem moderrnen C2 Relais von innen neu. Schließlich bekam der Schalter zum Teil noch einen original aussehenden Hammerschlag-Lack. Die Elektrik beschäftigte mich alleine mindestens 20 Std.. Zwischenzeitlich hatte ich die Ventile eingestellt, Kompression gemessen, alle Betriebsflüssigkeiten gewechselt und die Bremsen justiert. Der Zusammenbau machte natürlich am meisten Spaß. Ich verwendete wenn möglich alle original Schrauben. Diese wurden mit einer Drahtbürste von altem Lack befreit und wenn nötig ihre Gewinde nachgeschnitten. Wenn eine Schraube fehlte oder unrettbar defekt war verwendete ich verzinkte Schrauben deren Kopf ich behandelte. Nach Komplettmontage wurden alle Schraubenköpfe und Muttern mit Farbe versehen. Schließlich bekam der Auspuff noch neue Farbe. Das ausgeschlagene Sitzgestell wurde von mir überholt und neue Bolzen angefertigt. Nach abschmieren und Diesel auffüllen dann der erste Probelauf. Der Sound ist super! Die Felgen werden später noch aufgearbeitet.
    Allles in allem habe ich die Arbeiten in ca. 14 Tagen durchgeführt ( Urlaub ). Selbst an den Weihnachtsfeiertagen wurden einige Stunden geopfert. Aber - es hat sich gelohnt. Das finde ich zumindest. Abschließend möchte ich nochmals erwähnen das ich die Lackierung des Rumpfs mit dem Pinsel nur empfehlen kann. Man kommt wirklich in jede Ecke, hat eine gute robuste Schichtdicke und bei der rauen Oberfläche paßt die Pinselarbeit wunderbar. Die Spuren des Lebens ( kleinere Beulen usw. ) habe ich dem Eicher gelassen. Ich werde jetzt noch versuchen ein paar Fotos an zu hängen. Ich hoffe es funktioniert. Auf jeden Fall könnt Ihr Euch ein Video in You Tube das ich am WE gedreht habe ansehen. Hier der Link: http://www.youtube.com/watch?v=XaKTr99M9-0

    Gruß
    Ralf

    • Offizieller Beitrag

    Schöner Bericht, aber etwas sehr schwer zu lesen. So eine Zeilenschaltung ist doch eine herrliche Erfindung. ;)

    Was mich stutzig macht: Baujahr und die Haube passen in meiner Eicherwelt nicht zusammen. Aus dem Kopf würde ich behaupten, diese Haube gab es bis 1953. Mein 1955er ED16/2 war zwar auch noch original mausgrau, hat aber die Kipphaube.

    Gruß
    Michael

    "'And all those exclamation marks, you notice? Five? A sure sign of
    someone who wears his underpants on his head.'"
    (Terry Pratchett in "Maskerade")

  • Hallo,

    laut Aussage der Eicher Fachleute in Ganacker war der Schlepper wohl einer der letzten der in mausgrau ausgeliefert wurde. Er wurde auch tatsächlich noch mit der alten Haube ausgeliefert. Vielleicht lag noch eine letzte Haube rum. Du hast Recht damit das eigentlich 1955 schon die Kipphaube verbaut wurde.
    Ein Zeilenumbruch wäre sicherlich besser aber es ist noch kein Meister vomn Himmel gefallen. Gelobe Besserung.

    Gruß
    Ralf

  • Tach nochmal,

    ja stimmt - die Restauríerungszeit war kurz. Dabei muß man aber bedenken das ich wegen den Weihnachts- und Sylvesterfeiertagen knapp 14 Tage Urlaub hatte und in der Zeit fast täglich 8-10 Std. arbeiten konnte. Da kommen schon ein paar Stunden zusammen. Jeder weiß was es bedeutet abends immer wieder aufhören zu müssen, am nächsten Tag brauchst du erst ne halbe Stunde bis es wieder losgehen kann. Zudem muß ich erwähnen das mich meine Frau bei den Lackarbeiten viel unterstützt hat.

    Gruß
    Ralf

  • Schöner Bericht! Vor den 2 Wochen kann ich nur den Hut ziehen! Das sind ja dann ... hmm... sagen wir mit Weihnachten 12 Tage mal 10 Stunden = 120 Stunden?!
    Die Zeit habe ich ja allein in mein Getriebe stecken müssen, puh. Was so eine gute Basis doch ausmacht.

    Wo genau aus dem Kreis Steinfurt kommst du denn her?

    Schöne Grüße,
    Rainer

    Lanz 7506 Allzweck ('49)
    Lanz 7506 Holzgasrückbau ('42)
    Lanz 1706 Halbdiesel ('55)

  • Hallo,

    Das ist natürlich eine Wahnsinnszeit! Respekt!Vor allem schön das Deine Frau da mitgeholfen hat. Ist ja keine Selbstverständlichkeit.

    Was ich noch unbedingt machen würde ist, einen Polschuh am dicken Anlasserkabel anbringen. Der Sicherheit wegen.

    Gruß Gordon

  • Tach nochmal,

    bei der Restaurierungszeit muß man wie gesagt immer berücksichtigen das ich weder das Getriebe noch Motor oder Kupplung reparieren mußte. Trotzdem wars viel Arbeit. Vor allem war mir wichtig den Eicher nicht über zu restaurieren. Im Prinzip ist er wie vom Werk.
    Gordon: Da ist doch ein Polschuh am Anlasserkabel. Was meinst Du?
    Mc Schocko: Komme aus Steinfurt-Borghorst. Habe hier vor ca. 4 Jahren einen Oldtimertraktor Stammtisch gegründet. Wir sind mitlerweile 32 Männer und Frauen.

    Gruß
    Ralf

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!