Technikfrage zur Verbrennung

  • Hallo,
    ich habe eine Frage an die Motorenspezialisten unter Euch.
    Objekt: IHC 724(oder744).
    Der Schlepper wurde in den letzten Jahren sehr wenig gefahren (wurde also nie richtig warm) und steht nun nach dem Tod des Besitzers seit drei Jahren.
    Die Erben wollen den Schlepper verkaufen. Beim Versuch den Schlepper zu starten kamen Flammen aus dem Auspuff. Der Startversuch wurde daraufhin sofort abgebrochen.

    Soweit wurde mir gestern abend die Situation geschildert. Ich habe den Schlepper noch nicht gesehen, berichte also unter Vorbehalt.

    Ich habe mir nun mal überlegt:
    Einspritzpumpe - wird ja über Zahnräder angetrieben - Einspritzzeitpunkt wahrscheinlich nicht die Fehlerursache.
    Wenn Flammen aus dem Auspuff kommen, dann hat doch ein Auslassventil zum Zeitpunkt der Explosion nicht geschlossen1?
    Dann müßte man doch zuerst an ein hängendes Ventil denken?

    Wenn die Ursache dort zu finden ist (Ventilsitz verkohkelt?) wie geht man bei der Fehlerbehebung richtig vor?

    Generell seht Ihr den Fehler richtig beurteilt, oder fällt Euch noch etwas anderes zum Problem ein?

    Ich bin gespannt auf Eure Einschätzung, soweit dies über Ferndiagnose möglich ist.
    liebe Grüße
    von Horst-B.

  • Hallo Horst-B.,

    rein vom Gefühl her frage ich mich, ob es ein nicht richtig schließendes Ventil sein kann? Denn wenn ein Ventil (teils) offen steht, dann kommt doch gar keine richtige Kompression zustande. Da ist die Frage ob er in einer solchen Situation nur schlecht läuft oder etwa gar nicht anspringt?

    Gruß,

    daMax

  • Zitat

    Wenn Flammen aus dem Auspuff kommen, dann hat doch ein Auslassventil zum Zeitpunkt der Explosion nicht geschlossen

    Hallo Horst,

    hier liegt meiner Meinung nach ein Denkfehler vor. Das Kraftstoff-Luft-Gemisch zündet ja nur aufgrund von Druck und Temperatur. Wenn das Auslassventil nicht schließt, kann der nötige Verdichtungsdruck gar nicht aufgebaut werden.
    Ich könnte mir ehr vorstellen, dass das Auslassventil zu früh öffnet und die Flammen der "Rest" der eigentlichen Verbrennung im Kolbenraum sind, der dann sichtbar ist.
    Vielleicht schafft das Einstellen der Ventile hier Abhilfe.

    Andere Möglichkeit: Ihr habt beim Startversuch ordentlich Startpilot verwendet, der sich, wenn er nicht gezündet hat, im Abgastrakt befindet.
    Dass der dann mal anfängt sich zu "verselbständigen" ist klar.

    Nächste Möglichkeit: es wird so viel Diesel eingespritzt, dass der Verbrennungsvorgang noch nicht abgeschlossen ist, wenn das Auslassventil bereits öffnet.

    Gruß, Jörg.

    Fendt F20GH 1952; Fahr D90H 1956

  • Wenn der Motor nicht angesprungen ist, hat auch keine Verbrennung stattgefunden. Wird wahrscheinlich am Startpilot liegen.

    Viele Grüße

    Eicher EKL15/II
    Eicher 3085 mit FH Synchron
    Eicher 3???

    Machen wir uns nichts vor: Saugmotoren haben leider keine Turbolader...

  • Natürlich kann da eine Verbrennung stattgefunden haben, der 724 ist doch ein Vierzylinder. Wenn ein oder zwei Zylinder zünden, und die anderen röcheln vor sich hin, wird der Bock kaum anspringen wollen. Und in den Zylindern, die gezündet haben hat die Verbrennung stattgefunden - egal ob nun vollständig oder unvollständig.

    Gruß, Jörg.

    Fendt F20GH 1952; Fahr D90H 1956

  • Zuerst mal ein Dankeschön fürs mitdenken!

    Ich war bei diesem Startversuch nicht dabei. deshalb kann ich nicht sagen, ob Startpilot im Einsatz war.

    Generell richtig, (hatte ich nicht bedacht) wenn das Auslassventil offen ist kann ja keine Verbrennung stattfinden.
    Aber ihr stimmt mir zu, der Fehler ist eher bei der Ventileinstellung zu suchen, als bei der Einspritzpumpe.?

    Zum Hintergrund: Der Schlepper ist jetzt im Besitz einer Erbengemeinschaft und mein Schwiegersohn (Teil derselben) würde ihn gerne übernehmen.
    Deshalb würde ich schon gerne herausfinden, was als Fehler anzusehen wäre.

    Liebe Grüße
    Horst-B.

  • Hallo Horst,

    Ventileinstellung ist eine mögliche Ursache, theoretisch könnte auch ein anderer größerer Schaden am Ventil das Gleiche verursachen.
    Aber die Einspritzpumpe als Ursache für Flammen, die aus dem Auspuff schlagen - da kann ich beim besten Willen keinen Zusammenhang herstellen.

    Frag mal die jetzigen Besitzer, wie viel Startpilot die dabei benutzt haben - ich denke, das wird die Flammen erklären.

    Gruß, Jörg.

    Fendt F20GH 1952; Fahr D90H 1956

  • Hallo,
    Ventilspiel im klassischen Sinn glaub ich eher nicht.
    Warum sollte sich das Ventilspiel in einer Standzeit einfach so verändern.
    Meine Vermutung ist eher Korrosion. Wahrscheinlich ist entweder ein Ventilschaft fest (das Auslassventil schließt dann nicht mehr gegen der Druck der Ventilfeder) oder der Ventilsitz ist undicht (Verkokung oder Fremdkörper an der Dichtfläche).

    weitere mögliche Ursachen: an Einspritzpumpe oder -verstellung ist etwas fest, so dass der Einspritzzeitpunkt nicht mehr stimmt oder verschmutzte Einspritzdüsen (unkontrollierte Verbrennung durch verschmutzte Düsen?). Letzteres lässt sich aber mit wenig Aufwand ausschließen indem die Düsen herausgeschraubt und überprüft werden.

    Wenn sich Startpilot im Auspuff entzündet, müsste erst mal eine Verbrennung stattfinden. Das Primärproblem ist dann nicht der Startpilot, sondern dass die Flamme aus dem Brennraum in den Auspuff entweicht und damit den Startpilot entzündet. Startpilot würde ich sowieso nicht verwenden.

    Beim IHC kenne ich mich nicht aus. Vielleicht hilft es weiter, wenn du den Ventildeckel, Seitendeckel o.Ä. abschraubst, den Motor von Hand drehst und den Ventiltrieb beobachtest. Vielleicht kannst du auch die Laufflächen der Nockenwelle und die Funktion der Ventilfedern einer optischen Prüfung unterziehen und erlangst somit unter Berücksichtigung des Ventilspiels Erkenntnis, ob die Auslassventile schließen.

    Gruß
    Thomas

    mein Pferd für den Winter: Fendt Dieselross, 24 Stärken
    mein Pferd für den Sommer: Yamaha FJR 1300, 142 Stärken

  • Hallo,
    zum Stand der Dinge.
    Der Schlepper wird vom Schwiegersohn übernommen. Dann werden wir ihn nach Hause und in die Werkstatt schleppen.
    Anschließend werden wir auf Fehler suche gehen. Ich glaube nicht an einen größeren Defekt.
    Wird eine Weile dauern, aber dann hier berichtet.

    Danke mal an die "Antworter", sie haben eine unterrichtung verdient!

    Liebe Grüße von
    Horst-B.

  • Hallo,
    ich melde mich noch einmal zu diesem Schlepper. Es ist ein 744 A, Bj 76.
    Gestern habe ich mir die Maschine angesehen, eine gute Batterie mitgenommen und auch Startversuche unternommen.
    Ergebnis: Es wurde keine Starthilfe verwendet, der Motor läuft für wenige Sekunden und geht sofort wieder aus. Anfangs wurde mir gesagt, "es kommen Flammen aus dem Auspuff". Dies war nicht zu beobachten. Normaler Rauch......
    Der Ton, also das Motorgeräusch ist dabei völlig normal, also IHC-typisch.
    Wo könnte ich jetzt suchen?
    Einen schönen Advent
    wünscht
    Horst-B.

  • Hi,

    Kraftstoff kommt an allen Einspritzdüsen in ausrechender Menge an?

    Entlüftet ist er?
    Spritzleitungen sind okay?
    Diesel noch brauchbar und nicht verunreinigt? oder irgendwelches Konservierungsmittel drin?
    Kraftstofffilter u. Siebe (Vorförderpumpe) sauber?
    Luftfilter okay?


    Absteller in passender Stellung?
    Ich weiß nicht wie es beim 744ger ist, aber die älteren IH hatten immer die sog. "Kaltstartmenge", zum Start den Absteller ein Stück ziehen und dann starten ... (Anleitung zum Nachlesen für den 744 wäre ideal).

    Wären so die ersten Punkte was mir in den Sinn kommt.

    Gruß

  • Hallo,
    die Fragen nacheinander:
    Entlüftung der Spritleitungen habe ich nicht überprüft, die Frage beantwortet sich aber vielleicht selbst.
    Diesel ist in Ordnung.
    Kraftstofffilter und Siebe sind noch nicht überprüft.
    Luftfilter ebenfalls noch nicht.

    Absteller ist vorschriftsmäßig am Anschlag.
    Jetzt kommen wir zur Sache: Der Motor springt sofort mit dieser Kaltstartmenge an, wenn die verbrannt ist, stirbt er ab.
    Beim nächsten Versuch wiederholt es sich. Läßt sich beliebig wiederholen.
    Daraus schließe ich, daß zumindest keine Luft in der Leitung ist.
    Wie es sich mit dem Spritfilter verhält weiß ich noch nicht.

    Der Tipp mit dem Absteller ist mir neu - welcher Gedanke verbirgt sich dahinter?

    Der Schlepper steht außerhalb auf einem alten vermieteten Bauerhof. Ist dadurch für mich nicht so ohne weiteres erreichbar. Deshalb kann es sich mit weiteren Versuchen verzögern.
    Ich werde aber am Ball bleiben und mich auch auf jeden Fall wieder melden.

    Danke und Tschüß
    Horst-B.

  • Also funktionieren tut auch der älteste Dieselkraftstoff noch, die Zündwilligkeit verliert er nicht..
    Das Problem bei altem Diesel sind die Sediment-Ausscheidungen, die den Filter zusetzten können.
    Aber seine "Zündwilligkeit" verliert Diesel auch nach vielen, vielen Jahren nicht!

    Alten Diesel ablassen und frischen auffüllen bringt also nur dann etwas, wenn der alte schon diese braune
    schlammige Schicht am Tankboden ausgebildet hat. Dann muss natürlich vor Auffüllen von neuem Diesel
    der Tank, die Leitungen, Filter und Pumpe gereinigt werden.

    Gruß, F20GH.

    Fendt F20GH 1952; Fahr D90H 1956

  • Hallo,
    mir ist noch eine Idee gekommen.
    Wie ist das mit der Starteinspritzmenge?
    Wird diese Spritmenge bei IHC ins Ansaugrohr gespritzt oder über die Düsen zugeteilt?
    Wenn die Kaltstartmenge ins Ansaugrohr eingebracht wird und der Motor stirbt nach dem Verbrennen dieser Spritmenge sofort ab, dann müßten doch die Düsen hängen? Oder?
    Liebe Grüße
    Horst-B.

  • Zitat

    Das sollte der Sinn hinter meiner Frage sein

    Aha ... aber wieso schreibst Du das dann nicht auch, um Horst-B. zu helfen?
    Aussage ala "wie alt ist der Diesel" nützen doch nichts, wenn keine Erklärung
    deinerseits gegeben wird.
    Und nochmal: auch wenn der Diesel alt ist, besitzt er noch ausreichende Zündwilligkeit.
    Und Ausflockung, Paraffinabscheidung oder Sedimentbildung ist nicht
    automatisch nach einer bestimmten Zeit "x" vorhanden sondern wird auch durch
    andere Umstände begünstigt, oder eben auch nicht.

    Gruß, F20GH.

    Fendt F20GH 1952; Fahr D90H 1956

  • Zur Ergänzung:
    Diesel ist in Ordnung.

    Generell zu dieser Frage: Ich war über 40 Jahre aktiver Landwirt und natürlich auch genau so lange mit Diesel im Kontakt, Ich habe in der ganzen Zeit nie unbrauchbaren Diesel vorgefunden.
    Ich besitze einen Porsche super Export (der 35 PS Schlepper), 1961 gekauft, etwa 1994 außer Dienst gestellt, weil zu diesem Zeitpunkt schon vom Alteisenvirus befallen, wurde er nicht verkauft, sondern in einem Schuppen abgestellt. Dort stand er unberührt 20 Jahre. In diesem Sommer habe ich ihn vorsichtig wiederbelebt - zur großen Freude - beim ersten Startversuch lief das Schätzchen wie ein Uhrwerk!!
    Und dies mit Diesel, das in 20 Wintern geliert ist und sich im Frühjahr wieder verflüssigt hat.
    Soviel zu Diesel!

    Ganz anders sieht es aus, wenn mit Biodiesel gearbeitet wurde. Aber das ist eine andere Geschichte.

    Liebe Grüße an die Gemeinde
    Horst-B.

  • Zitat

    Wie ist das mit der Starteinspritzmenge?
    Wird diese Spritmenge bei IHC ins Ansaugrohr gespritzt oder über die Düsen zugeteilt?

    Die IHC Direkteinspritzer hatten wie gesagt früher die sogenannte "Kaltstartmenge", folglich wurde zum Kaltstart die Einspritzmenge angepasst damit die Maschine anläuft. Der Absteller hatte zwei Stufen welche man auch spürte beim ziehen, die erste Stufe war Kaltstartmenge, also Absteller auf Stufe 1 ziehen und Motor starten, die Stufe 2 war eben abstellen.

    Ich weiß aber leider eben nicht, wie lange dieses System bei IH verbaut wurde und ob es dein 744 daher noch hat, oder eine Glühanlage per Glühkerzen oder Flammstartanlage oder überhaupt nichts ... daher wäre es eben sinnvoll zum Schlepper grds. die passende Anleitung zu haben damit man sieht was Sache ist.

    Die Kaltstartmenge wurde natürlich über die Einspritzdüsen eingegeben - es wäre ja sinnlos Diesel in den Ansaugkrümmer zu blasen :roll:

    Ob es die Lösung für dein Startproblem ist, ist ja nicht gesagt, aber ein Ansatz.

    Wenn du keine Anleitung hast und auch keine erwerben willst und hier keiner auf das richtige Kaltstartprocedere für den IH eine Antwort hat würde ich mal im IH Forum gucken ...

    Gruß

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